Spotkanie/Deutsch – Polnischer Chor Berlin
Spotkanie, polnisch für Begegnung, nennt sich der Deutsch-Polnische Chor aus Berlin. Er steht für das Zusammentreffen der Nachbarländer beim Singen. Gegründet wurde der Chor 1989 von Urszula Badura-Schmidt und Josef Wilkosinski, der bis heute Chorleiter ist.
Jährlich macht der Chor eine Reise nach Polen und gibt mehrere Konzerte in Deutschland. Im Repertoire sind deutsche und polnische Kunst-, Kirchen- und Volkslieder. Für das Projekt „Heimatlieder“ sind dreizehn der Chorsänger für die Aufnahmen ins Studio gegangen.
Spotkanie "Goralu"
Spotkanie "Czemuzes mnie, matulenko"
Die Auswanderungsbiographien der polnischen Sänger sind unterschiedlich. Der Dirigent des Chores, Josef Wilkosinski, verließ Polen in den 1970er Jahren. Er hätte, um dort als Jurist Karriere machen zu können, in die Partei eintreten müssen – das wollte er nicht. Der musikbegeisterte Wilkosinski kam mit einer Gitarre im Gepäck nach Deutschland. Er lebte zunächst in Westfalen. Dort leitete er im Laufe der Zeit mehrere Chorprojekte mit deutschen Sängern. Nach der Wende zog er aus beruflichen Gründen nach Berlin und wurde Gründungsmitglied des ersten Deutsch-Polnischen Chores in der Hauptstadt.
Irena Szimanskis Familie ist in den 1950er Jahren nach Deutschland eingewandert, weil ihre Mutter Irenas vermeintlich verschollen Großvater in Berlin ausfindig machte. Er holte die polnische Familie aus Oberschlesien zu sich.
Barbara Ludyga kam 1981 als Siebzehnjährige mit ihren Eltern nach Deutschland, ebenfalls aus politischen Gründen. Es war die Anfangszeit der Solidarnosc – Bewegung, die mit der Ausrufung des Kriegszustands für Polen im Dezember 1981 in den Untergrund gedrängt wurde; eine schwierige Zeit, der die Familie zu entgehen versuchte. Diese unterschiedlichen Menschen aus Polen begegneten sich alle in Berlin beim Singen – ihrer gemeinsamen Leidenschaft.
Góralu, czy ci nie zal/
Gorale, sag, tut`s dir nicht Leid
Dich zu trennen von deinem Land
Der dunklen Wälder und Almen so weit
Und der Bäche silbernem Band
Gorale, sag, tut’s dir nicht Leid
Gorale, kehr zurück zu den Almen so weit
Und der Gorale, er schaut hinauf zu den Bergen
Getrübt von Tränen sein Blick
Von den Bergen müssen wir scheiden
Die Not, mein Herr, sie allein läßt uns leiden
Gorale, sag, tut’s dir nicht Leid
Gorale, kehr zurück zu den Almen so weit
Anonym, übertragen von Marie Erlwein
Czemuzès mnie,
matulenko /
Warum nur hast du mich,
Mütterlein,
verheiratet
da ich mich
auf die Hauswirtschaft
noch nicht verstand.
Und von der Welt
noch nicht genossen hatte...
Anonym, aus Kujawien
Gorale, sag, tut’s dir nicht leid und Warum nur hast du mich, Mütterlein, verheiratet sind zwei traurige Volkslieder aus dem 19. Jahrhundert. In dieser Zeit war das Gebiet des heutigen Polens durch Russland, Österreich und Preußen besetzt – viele melancholisch-sehnsuchtsvolle Lieder entstanden. In der sozialistischen Zeit der Volksrepublik Polen wurden solche Lieder in den Schulen gesungen, da sie als Ausdruck des Polentums galten.
Gorale, sag, tut’s dir nicht leid ist ein Lied aus Südpolen, aus dem Tatra-Gebirge in den Karpaten, der Autor ist nicht bekannt. Es erzählt vom Heimweh eines Bergbewohners (einem Goralen), der die Almen und Wälder des Brotes wegen verlassenen musste. Im 19. Jahrhundert wurde es nur in Südpolen gesungen, heute ist Gorale ein Lied, das jeder Pole kennt und das bei vielen Gelegenheiten gesungen wird. Dazu beigetragen hat Karol Józef Wojtyla, er stammte aus dieser südpolnischen Gegend. Als er als Papst Johannes Paul II nach Rom ging, sangen die Polen ihm dieses Lied bei seinen öffentlichen Auftritten, in Rom und in Polen, immer wieder vor. Gorale ist von Anfang an im Repertoire des Deutsch-Polnischen Chores. Für die polnischen Mitglieder ist es eng mit ihrer persönlichen Geschichte, dem Verlassen der polnischen Heimat verbunden.
Warum nur hast du mich, Mütterlein, verheiratet ist ebenfalls anonymer Herkunft, es stammt aus der Region Kujawien im nördlichen Zentralpolen an der Weichsel. Es ist das Abschiedslied einer Frau, die ohne ihre Zustimmung verheiratet wurde. Sie fühlt sich noch nicht reif für das Eheleben, sondern sehnt sich danach, noch mehr von der Welt zu sehen und mit den jungen Leuten die Nacht durch zu singen und zu tanzen.
Mehr Informationen zu Spotkanie: www.deutsch-polnischer-chor-berlin.eu